Rechtsprechungsübersicht Factoring - 2/2018

Der folgende Beitrag ist der zweite - etwas verspätete - Eintrag in einer neuen Serie des Autors über Gerichtsentscheidungen in Factoringfällen. Im folgenden Beitrag finden Sie Urteile in Factoring-Fällen aus der zweiten Jahreshälfte 2018, die ich interessant und diskussionswürdig fand.

  1. Urteil des Berufungsgerichts in Kattowitz vom 7. November 2018. (I ACa 261/18) -> Haftung in solidum des Factors und des Empfängers und die Folgen des Fehlens einer Factoring-Klausel in der Rechnung

Ein interessantes Urteil erging in einem Fall, den ein Factor gegen einen Factoring-Empfänger (die Gegenpartei) angestrengt hatte, nachdem der Factor zuvor einen Zahlungsbefehl für einen Schuldschein über die gesamte Schuld des Factors erwirkt hatte. In diesem Fall ergaben sich die folgenden interessanten Themen:

  • Thema "Keine so genannte Factoring-Klausel auf einigen Rechnungen die vom Factor ausgestellt wurden. Für diese Rechnungen zahlte der Empfänger unter Verstoß gegen Artikel 512 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und die Abtretungsanzeige direkt an den Factor. Das Gericht stellte richtig fest, dass eine solche Zahlung gegenüber dem Factor, der der aktuelle Gläubiger (Zessionar) ist, unwirksam ist. Das Fehlen einer Factoring-Klausel auf den Rechnungen entbindet den Schuldner nicht von seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Factor, weil er die Abtretungsanzeige zur Kenntnis genommen hat. Das Gericht stellte ferner fest: "Die Kenntnis der Beklagten von der Abtretung der Forderungen wird eindeutig dadurch belegt, dass sie zwei Jahre lang die Forderungen für die ihr gelieferten Waren nicht an den Factor, sondern an den Factor bezahlt hat;
  • Das Thema der sogenannten Verantwortung in solidum. Solidarität unangemessen (in solidum) im Factoring bedeutet, dass der Factor und der Empfänger aus unterschiedlichen Gründen gegenüber dem Factor haften können (z. B. der Factor für die Inanspruchnahme der Vorauszahlung und der Empfänger für die Bezahlung der Rechnung), die Haftung kann sich jedoch teilweise auf denselben Betrag beziehen und die Zahlung des einen kann die Schuld auch gegenüber dem anderen zum Erlöschen bringen. Im vorliegenden Fall bestand eine Gesamthaftung des Empfängers zusammen mit dem Factor, dessen Haftung zuvor durch den Zahlungsauftrag aus dem Solawechsel umfassend abgedeckt war. Bei einer solchen Konstruktion kommt es nach Ansicht des Gerichtshofs nicht zu einem Erlöschen der Haftung des Empfängers (der Gegenpartei), wenn der Factor ein Urteil gegen den Factor erwirkt, das auch die von der Klage gegen den Empfänger erfassten Forderungen abdeckt. Der Gerichtshof stellte ferner fest, dass "die Gefahr einer doppelten Befriedigung durch zwei vollstreckbare Titel für dieselbe Forderung gegen zwei Schuldner besteht". in solidum durch den Vorbehalt der Haftung für die Beendigung des Schuldverhältnisses hinsichtlich der Erfüllung durch einen der Schuldner und nicht durch die Abweisung der Klage beseitigt werden sollte". und das Gericht hat daher die Haftung im Tenor des Urteils vorbehalten in solidum. Dieses letzte Thema ist wegen der unterschiedlichen Praxis der Gerichte interessant.
  • Das Urteil wirft auch die Frage nach der Wirksamkeit der Berichtigung von Rechnungen auf, die der Factor gegenüber dem Empfänger erworben hat, und ist insoweit für den Factor ungünstig.
  1. Urteil des Bezirksgerichts in Toruń vom 23. Oktober 2018 (V GC 336/18 upr) -> Wechselaspekte beim Factoring

Interessant war auch ein Urteil in einem Fall, in dem ein Factor gegen einen Factor (Hersteller von Metallkonstruktionen) auf Zahlung aus einem Schuldschein geklagt hatte. In diesem Fall war die Quelle der Zahlungsaufforderung eine Factoring-Vereinbarung mit Rückgriff. Der Factor meldete die Rechnung, der Factor leistete eine Vorauszahlung 80%. Als er zur Zahlung aufgefordert wurde, verweigerte der Empfänger (die Gegenpartei) die Zahlung an den Factor aufgrund einer Pfändung durch den Gerichtsvollzieher. Der Empfänger zahlte anstelle des Factors an den Gerichtsvollzieher. Der Factor verlangte daraufhin aufgrund einer Rückgriffsvereinbarung die Rückzahlung des geleisteten Vorschusses mit Nebenkosten, und der geschuldete Betrag wurde in einen Wechsel eingetragen.

In seinen Einwänden gegen den Zahlungsbefehl berief sich der Factor u. a. auf (i) die Forderung des Factors nach Rückzahlung des Vorschusses, obwohl er keine Rückabtretung der unvollständigen Factoring-Forderungen vorgenommen hatte, (ii) das Versäumnis, den Schuldschein wirksam zur Zahlung vorzulegen.

  • Das Gericht stimmte zu, dass die Forderung auf Rückzahlung des Vorschusses aus dem Factoringvertrag sofort fällig war und nicht von der vorherigen Rückabtretung der Forderung abhängig war.
  • Das Gericht stellte fest, dass der Solawechsel selbst den Beweis für das Bestehen einer Schuld in Höhe der Wechselsumme darstellt und dass die Beweislast für das Gegenteil ausschließlich beim Schuldner des Solawechsels (Factor) liegt, der beweisen muss, dass die Schuld nicht besteht.
  • Es gab ein interessantes Thema Vorlage des Wechsels zur Zahlung. In diesem Fall hat der Factor tatsächlich einen Fehler gemacht, indem er einen anderen Ort für den Schuldschein angab als den Zahlungsort (eine andere Stadt), den der Factor in seinen Einwänden verwendete. Das Gericht stellte jedoch fest, dass sich dies nicht auf die Fälligkeit der Forderung selbst auswirkte ("Da die Vorlage des Schuldscheins zur Zahlung keine Voraussetzung für die Wahrung der Rechte aus dem Schuldschein gegenüber dem Aussteller des Schuldscheins ist, bestätigte das Gericht den Rest des Zahlungsbefehls"), sondern nur auf das Fälligkeitsdatum und die damit verbundenen Zinsen. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die Nichtvorlage des Schuldscheins bei seinem Emittenten hinsichtlich der Zinsen nur dazu führt, dass der Gläubiger des Emittenten als Inhaber des Schuldscheins diese nicht ab dem Tag der Vorlage des Schuldscheins zur Zahlung verlangen kann, was nicht der Fall war, sondern ab dem Tag, an dem der Emittent des Schuldscheins in der Lage war, das Dokument einzusehen und festzustellen, ob seine Schuldscheinverpflichtung besteht (so der Oberste Gerichtshof in seinem Urteil vom 23. November 2004 in der Rechtssache I CK 224/04, LEX Nr. 277075). Als Zeitpunkt der Vorlage ist der Zeitpunkt anzusehen, an dem der Antragsgegner vom Inhalt der beigefügten Klageschrift Kenntnis nehmen konnte. das Original des Wechsels (und um festzustellen, ob seine Haftung aus dem Schuldschein besteht), also spätestens am Tag der ersten Anhörung, die dem Factor mitgeteilt wurde. Dies ist eine wertvolle Überlegung für die Formulierung von Verfahrensanträgen, insbesondere wenn die Vorlage des Schuldscheins zur Zahlung von Zweifeln an seiner Wirksamkeit begleitet war.
  1. Urteil des Berufungsgerichts in Warschau vom 4. Juli 2018. (VII AGa 904/18) -> unklare UF-Bestimmung zur Sicherung der revolvierenden Finanzierung des Factors durch die Bank

Das Urteil sollte Anwälten als Warnung bei der Gestaltung von Verträgen - in diesem Fall über die Absicherung der Finanzierung einer Factoring-Gesellschaft durch eine Bank und die damit verbundenen Klauseln - dienen.

Der Factor verklagte den Empfänger (Gegenpartei) auf Zahlung von über 300.000 PLN. Und der Fall wäre wahrscheinlich sofort positiv ausgegangen, wenn der Empfänger nicht die Einrede der mangelnden Legitimation des Factors aufgrund einer Bestimmung im Factoringvertrag erhoben hätte. Das heißt, der beklagte Insolvenzverwalter war der Ansicht, dass der Factor kein gültiger Gläubiger sei. Interessanterweise ergab sich dies nicht aus einer Anfechtung der Factoring-Abtretung, sondern bezog sich auf die Abtretung zur Sicherung des revolvierenden Kredits.

Tatsächlich gewährte die Bank dem Factor eine revolvierende Kreditfazilität in Höhe von 60.000.000 PLN. Zur Besicherung des Kredits trat der Factor der Bank unwiderruflich die künftigen Forderungen ab, die dem Factor aus allen von ihm abgeschlossenen Factoringverträgen zustehen sollten in Bezug auf die Käufer von Factoring-Dienstleistungen. Im Wortlaut des Factoringvertrags erklärte der Factor, dass er aufgrund einer Forderungsabtretungsvereinbarung mit der Bank  alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche, die ihr aus dem Vertrag zustanden, an die Bank abgetretenund der Factor nahm die obige Aussage zur Kenntnis. Diese unglückliche Bestimmung im Factoring-Vertrag wurde vom Empfänger ausgenutzt, der die fehlende Legitimation geltend machte. Er war nämlich der Ansicht, dass eine weitere Abtretung der Forderung zugunsten der Bank stattgefunden hatte. Das erstinstanzliche Gericht teilte diese Auffassung und wies die Klage ab..

Erst das Berufungsgericht hat die genannten Bestimmungen umfassend ausgelegt und festgestellt, dass die Abtretung nur "im Verhältnis zu den Abnehmern der Factoringleistungen" erfolgt. Nach Auffassung des Berufungsgerichts erfasst die Abtretungsvereinbarung nur die Forderungen, die dem Factor "gegenüber den Abnehmern der Factoringleistungen" zustehen, nicht aber mehr die Forderungen, die den Schuldnern der Abnehmer der Factoringleistungen (d.h. den Empfängern) zustehen. Für diese Auslegung spricht nicht nur der Wortlaut des Darlehensvertrags, sondern auch das Wesen des Factoringvertrags selbst. Bei Verträgen hingegen ist zu prüfen, was der übereinstimmende Wille der Parteien und der Zweck des Vertrages war, anstatt sich auf den wörtlichen Wortlaut zu verlassen.

Dies sollte der Branche als Lehre dienen, wie die Bestimmungen über die Abtretung zur Sicherung der Factoringfinanzierung im Hinblick auf die Offenlegung in Factoringverträgen zu formulieren sind..

  1. Urteil des Landgerichts Poznań vom 23.10.2018. (XII C 964/17) -> Risiken einer fehlenden Globalzession

Der Fall betraf eine Klage ... eines Faktors auf Zahlung gegen einen Empfänger. Solche Fälle kommen in diesem Blog nur selten vor. Ich erwähne ihn, weil er Aufmerksamkeit verdient. Der Factor verklagte die Gegenpartei auf Zahlung eines Schuldscheins über fast 1 Million PLN. Die Forderungen ergaben sich aus einem Vertrag vom 5. September 2012 über den Verkauf von Erdölprodukten, der durch einen Schuldschein über einen Handelskredit in Höhe von 650.000 PLN gesichert war. Am 7. Mai 2013 schloss die Factoring-Gesellschaft einen Factoring-Vertrag mit dem Factor ab, und am 27. Mai 2013 wurde derselbe Empfänger in die Liste der Vertragspartner aufgenommen, aber nach einem Jahr wieder von der Liste gestrichen. Zu diesem Zeitpunkt verkaufte der Factor normalerweise (abgesehen vom Factoring) Erdölprodukte an die Gegenpartei. Somit wurden einige Forderungen in das Factoring einbezogen, andere nicht und verblieben beim Factor. Es lag also keine Globalzession vor.

Nach Ansicht des Gerichts verlor der Factor durch die vom Factor geschlossene Factoring-Vereinbarung nicht sein Recht, einen Anspruch gegen die Gegenpartei aus dem durch den Solawechsel gesicherten Kaufvertrag geltend zu machen. Eine Änderung der Kontrahentenliste war möglich und hatte zur Folge, dass der Kontrahent aus dem Factoring ausgeschlossen und die Abtretung freigegeben wurde. Folglich musste der Factor die zuvor an die Bank geschuldete Forderung nicht erneut abtreten.

Die obigen Ausführungen zeigen das Risiko für den Factor, wenn keine Globalzession vorliegt - es kann zu Konfliktsituationen und Interessenkonflikten zwischen dem Factor und dem Factor kommen - beide Unternehmen können fällige Forderungen gegenüber dem Zahlungsempfänger haben, was zu einem Wettbewerb führen kann, der im Factoring nicht auftreten sollte. In diesem Fall war dies in der Tat der Fall, und trotzdem kam es zu einem Konkurs auf dem Weg dorthin.

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