Heute im Blog über einen sehr ungeliebten Aspekt des Factoring - nämlich die Aufrechnung zwischen Schuldner und Factor (Zessionar).
In dem Moment, in dem eine Forderung abgetreten (übertragen) wird, gehen alle Rechte und Pflichten zusammen mit der Forderung selbst auf den neuen Gläubiger (Zessionar/Faktor) über. Es scheint daher, dass die abgetretene Forderung von diesem Zeitpunkt an keine Aufrechnung im Verhältnis Schuldner - Zedent (früherer Gläubiger) mit Wirkung gegenüber dem Zessionar (Factor), d. h. dem neuen Gläubiger, darstellen kann. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält jedoch eine detaillierte Regelung in dieser Hinsicht. Sie hat erhebliche Auswirkungen auf die von den Factoring-Gesellschaften verwendeten Dokumente und auf das Factoring-Risiko selbst. Die Regelung ergibt sich aus dem Grundsatz, dass die Situation des Schuldners durch die Abtretung nicht verschlechtert werden darf, was in diesem Blog noch mehrfach zur Sprache kommen wird.
Gemäß Artikel 513 § 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Schuldner von der abgetretenen Forderung eine Forderung gegen den Verkäufer abziehen, auch wenn die Forderung erst fällig geworden ist, nachdem der Schuldner von der Abtretung Kenntnis erhalten hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Forderung gegen den Verkäufer nach dem Übergang der abgetretenen Forderung fällig geworden ist..
Die Bestimmung bedarf zweifellos einer bildlichen Erläuterung.
Der Schuldner (z. B. der Käufer des Stahls) ist berechtigt, gegenüber dem Abtretungsempfänger (Factor) eine Aufrechnungserklärung über eine andere Forderung abzugeben, die dem Schuldner gegenüber dem früheren Gläubiger - Zedenten (z. B. dem Verkäufer des Stahls) zusteht. Ist der Schuldner z. B. auch an der Vermietung von Räumlichkeiten beteiligt, kann diese Forderung im Schuldner-Zessionar-Verhältnis z. B. die Miete (eine unbezahlte Rechnung) sein. Auf diese Weise führt der Schuldner zum Erlöschen der Schuld gegenüber dem Zessionar (Factor), obwohl der Schuldner keine anderen wirtschaftlichen Beziehungen zu dem Factor unterhält. Eine solche Situation ist für den Factor zweifellos schwierig - denn er erhält die Forderung aus der angekauften Forderung nicht oder nur zum Teil (je nach Umfang der Aufrechnung).
Die Aufrechnung unterliegt jedoch den zeitlichen Beschränkungen, die sich aus der Vorschrift und der Rechtsprechung der Gerichte ergeben
Die Forderung gegen den Abtretenden (Zedent/Faktor) muss früher fällig sein als die übertragene Forderung. Kompliziert? Kehren wir also zu unserem Beispiel zurück. Am 1. Juni 2017 hat unser Stahlverkäufer (Zedent/Rechnungsempfänger) dem Factor (Zessionar) eine Forderung in Höhe von 20.000 PLN brutto abgetreten, die er dem Schuldner (demjenigen, der den Stahl kauft und die Räumlichkeiten mietet) schuldet und die durch eine Rechnung vom 20. Juli 2017 belegt ist. Am 3. Juni 2017 mietet der Schuldner die Räumlichkeiten jedoch an den Zedenten und erwirbt eine Forderung gegen ihn in Höhe von 20 000 PLN, die am 11. Juni 2017 fällig ist (da es sich um Miete handelt - zahlbar bis zum 10.). Erst am 6. Juni 2017 teilt der Zessionar (Factor) dem Schuldner die Abtretung mit. Am 18. Juli 2017 erklärt der Schuldner gegenüber dem Zessionar, dass er seine Forderung gegenüber dem Zedenten mit der abgetretenen Forderung verrechnet. Auf diese Weise erlöschen (verrechnen) beide Forderungen am 20.07.2017. (weil beide zu diesem Zeitpunkt fällig wurden). Dies ist möglich, weil die Forderung gegenüber dem Abtretenden (Zedent/Faktor) früher fällig war (11. Juni 2017) als die abgetretene Forderung (20. Juli 2017).
Dies ist nicht das Ende der Einschränkungen. Der Schuldner darf gegen die abgetretene Forderung nicht mit einer Forderung gegen den Zedenten aufrechnen, die er erworben hat, nachdem er von der Abtretung Kenntnis erlangt hat (z. B. durch eine Abtretungsanzeige - sog. ZOC). Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, die in der Praxis aufgrund der so genannten Sicherheit des Handels gebilligt wird (siehe: Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 9.05.2003, Az: V CKN 218/01, das Factoring betraf; Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 27.07.2006, Az: III CZP 59/06; Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 6.07.1999, Az: II CKN 394/98). Es wäre für den Schuldner und den Zedenten sehr einfach, zweifelhafte Forderungen zu "schaffen", um sie mit der Forderung des Zessionars zu verrechnen. Dies wäre ein besonders riskantes Phänomen für Factoring-Gesellschaften, das auch trotz der oben erwähnten Urteile zu beobachten ist. Um auf unser Beispiel zurückzukommen: Hätte der Schuldner die Abtretungsanzeige am 2. Juni 2017 erhalten. - dann hätte er nicht mehr aufrechnen können. Deshalb ist die unverzügliche Mitteilung der Abtretung so wichtig.
Es sei auch daran erinnert, dass sich aus den allgemeinen Aufrechnungsregeln (Artikel 498 des Zivilgesetzbuches) ergibt, dass:
- Solange die Forderung nicht fällig ist, kann sie nicht mit bereits fälligen Forderungen verrechnet werden;
- Der Schuldner kann mit der abgetretenen Forderung gegen die Forderung gegen den Zedenten aufrechnen, solange die abgetretene Forderung besteht. Eine Zahlung in die Hände des Zessionars schließt die Möglichkeit der Aufrechnung aus;
- Die Erklärung des Schuldners über die Aufrechnung der abgetretenen Forderung gegen die Forderung des Schuldners gegen den Zedenten sollte gegenüber dem Zessionar und nicht gegenüber dem Zedenten abgegeben werden.
Wie gehen Factoring-Unternehmen mit dem Aufrechnungsrisiko um?
In der Regel erklärt der Factor vor Anbahnung des Factorings, dass seine Gegenpartei nach seinem besten Wissen keine fälligen oder nicht fälligen Forderungen hat, mit denen aufgerechnet werden kann. Entsprechende Schutzbestimmungen im Factoringvertrag und in der Abtretungsanzeige, einschließlich eines Verzichts auf das Recht zur Aufrechnung, finden ebenfalls Anwendung.
Im Falle einer Aufrechnung stehen dem Factor ungeachtet dessen Schadensersatzansprüche gegen den Factor zu, die sich entweder aus den abgegebenen Erklärungen oder aus den Regeln der vertraglichen Haftung (Artikel 471 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs) ergeben. Da der Factor zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig geworden sein kann, kommt es auch darauf an, den Anspruch gegen die in der Regel solvente Gegenpartei (Schuldner) ausreichend zu sichern. Zu diesem Zweck werden entsprechende Bestimmungen in den Factoringunterlagen (Abtretungsanzeige, Anerkennungsurkunde und andere) verwendet.