Anwendbarkeit der Klausel "Höhere Gewalt" und Coronavirus

Nach Artikel 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist der Schuldner zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch die Nichterfüllung oder nicht ordnungsgemäße Erfüllung einer Verpflichtung entsteht, es sei denn, die Nichterfüllung oder nicht ordnungsgemäße Erfüllung ist die Folge von Umständen, die der Schuldner nicht zu vertreten hat. Nach den allgemeinen Haftungsgrundsätzen kann der Schuldner von der Haftung für seine Verpflichtungen befreit werden, wenn es sich um einen Zufall handelt, auf den der Schuldner selbst keinen Einfluss hat.

Unter den gegenwärtigen Umständen ist es sehr wichtig, die Frage zu beantworten, ob der Ausbruch eines Coronavirus in den letzten Wochen als höhere Gewalt angesehen werden kann und ob die Tatsache des Ausbruchs den Gewerbetreibenden von der Haftung für die Nichterfüllung befreien kann? Kann der Ausbruch eines Coronavirus als ein Umstand angesehen werden, der den Gewerbetreibenden oder den Verbraucher an der Erfüllung einer Verpflichtung hindert?

Höhere Gewalt ist im polnischen Zivilgesetzbuch in keiner Weise definiert. Die Doktrin und die Rechtsprechung verwenden hauptsächlich eine konventionelle Definition dieses Begriffs, die durch das objektive Konzept dargestellt wird, nach dem höhere Gewalt ein Ereignis ist, das die folgenden Kriterien erfüllt:

1) Es handelt sich um ein externes Ereignis - es tritt in der externen Struktur des Unternehmens auf
2) Es ist ein unvorhersehbares Ereignis - ein plötzliches und außergewöhnliches Ereignis
3) Es ist unmöglich, die Folgen des Ereignisses zu verhindern - die Gefahr, die von dem Ereignis ausgeht, kann in keiner Weise vermieden werden.

Das Vorliegen höherer Gewalt wird von Fall zu Fall geprüft. Zusätzlich zu den vorgenannten Kriterien wird der Kausalzusammenhang zwischen der Nichterfüllung oder der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung des betreffenden Vertrags und dem Auftreten von höherer Gewalt geprüft. Mit der Einzelfallprüfung soll die Gefahr beseitigt werden, dass Unternehmer, die den Schaden durch eigene Fahrlässigkeit verursacht haben, anhand rein objektiver Kriterien versuchen könnten, die Situation ihrer eigenen Fahrlässigkeit als höhere Gewalt darzustellen.

Die Anerkennung eines Coronavirus-Ausbruchs als Situation höherer Gewalt im Rahmen der Verpflichtungen sollte von den Unternehmern unbedingt berücksichtigt werden. Inwieweit die Unternehmer eine solche Lösung umsetzen können, hängt vor allem von den Sicherheitsmaßnahmen ab, die in Polen letztlich auf staatlicher Ebene ergriffen werden. In naher Zukunft ist damit zu rechnen, dass die staatlichen Behörden Maßnahmen in Form von erheblichen Einschränkungen bei der Erbringung sämtlicher Transportdienstleistungen oder einer vollständigen Einschränkung des Personenverkehrs ergreifen werden.

Um den Ausschluss der Haftung für die Nichterfüllung oder die nicht ordnungsgemäße Erfüllung einer bestimmten Verpflichtung anwenden zu können, muss man:

1) Beweise sammeln, um zu beweisen, dass ein bestimmtes Ereignis höherer Gewalt die unmittelbare Ursache für die Nichterfüllung oder nicht ordnungsgemäße Erfüllung der Vertragsbestimmungen war
2) Sammeln Sie Beweise, um nachzuweisen, dass Sie mit der gebotenen Sorgfalt Schritte unternommen haben, um die Verpflichtung ordnungsgemäß zu erfüllen.
Es sind die oben genannten Beweise, die der Vertragspartei, die eine Neuverhandlung der Vertragsbedingungen anstrebt, eine starke und sichere Verhandlungsposition verschaffen. Die Erleichterung von Neuverhandlungen kann auch sicherstellen, dass die Gegenpartei so schnell wie möglich über die anerkannte Möglichkeit der Nichterfüllung oder nicht ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrags aufgrund eines Ausbruchs informiert wird.

Wie aus den vorgenannten Kriterien hervorgeht, ist der Zeitpunkt des Ausbruchs des Coronavirus in der wirtschaftlichen Realität mit Sicherheit als "höhere Gewalt" einzustufen. Sowohl Unternehmen als auch Verbraucher werden sich auf diese Rechtskonstruktion berufen können, beispielsweise bei der Neuverhandlung von Verträgen.

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